Sonntag, 24. September 2017

In der Notaufnahme – als ob einmal nicht gereicht hätte!

Im Krankenhaus angekommen, werde ich unsanft aus meinem Dämmerzustand gerissen.

Nachdem man mich mit ziemlichen Trara vom der Rettungsliege auf ein Bett in der Notaufnahme verfrachtet hat, beginnen die Ärzte ihrerseits das Ausmaß der Schäden zu eruieren, eine Prozedur die sich anscheinend einige Stunden hinzieht und von mir nur teilweise bei Bewusstsein verfolgt werden kann.

Es ist wohl eine ganze Menge kaputt, ständig werde ich in irgendwelche Röhren und Apparate geschoben, eine unglaubliche Menge an Ärzten begucken mich, zerren an mir rum und tasten mich ab.
Mir macht mein Rücken, der furchtbar weh tut und mein linkes Knie am meisten Sorgen.
Die Ärzte haben da wohl andere Prioritäten, sie fragen ständig nach meinem Hals.
Was soll ich sagen, mein Mund ist voller Blut, das Schlucken fällt mir total schwer, ich fühle meine abgebrochenen Zähne und das Sprechen geht auch nur so semi, aber ansonsten, atmen ist kein Problem.
Aber es hilft nichts.
Ein Endoskop wird mir in den Hals geschoben.
Fühlte sich meine Kehle vorher doof an, wäre ich jetzt am liebsten von der Liege gesprungen.

Ergebnis, mein Zungenbein ist gebrochen.
Ich bin überrascht, in Krimis ist man danach immer ziemlich tot und erwürgt, ich habe aber wohl diese Verletzung dem Kinnriemen meines Helms zu verdanken.
Aber schlimmer noch, die Luftröhre ist verletzt und es befindet sich Luft im Hals wo keine Luft sein sollte.
Sie wollen mich vom Krankenhaus Boberg nach St. Georg verlegen – anscheinend gibt es hier keine Intensiv HNO Abteilung.
Vorher werde ich aber noch hübsch zusammengeflickt.
Meine Lippe wird genäht, das Kinn und das Knie auch – der Abwechslung halber von jeweils einem anderen Arzt.
Das gröbste Blut wird mir aus dem Gesicht gewaschen, sickert aber von wo auch immer (Mund, Nase, Kinn, Lippe, Stirn?) immer wieder nach.
Nur um meine armen Zähne kümmert sich niemand . . .

Jetzt informiert mich auch ein Arzt über die Summe meiner Defekte.

Grob Zusammengefasst von oben nach unten:

  • Gehirn, abgesehen von einer retrograden Amnesie, wohl ganz ok
  • Schädel nicht gebrochen
  • Platzwunde an der Schläfe 
  • 4 abgebrochene Vorderzähne
  • Unterlippe komplett eingerissen
  • Platzwunde am Kinn
  • Zweiter und dritter Brustwirbel gebrochen, die Vorderkanten sind abgesplittert und die Dornfortsätze abgebrochen
  • Knie geprellt, mit zwei tiefen Rissen (aber zum Glück nichts kaputt!)

Das ist die vorläufige Bilanz. Später sollte sich da noch so einiges dazugesellen . . .

Mein armer Mann, der seit Stunden in der Notaufnahme auf irgendwelche Nachrichten wartet, wird für ungefähr 2 Minuten zu mir gelassen.
Kurz informiert das ich wohl trotz meines desolaten Aussehens wieder auf die Beine (wortwörtlich) komme und gleich wieder raus geschoben, mit der Eröffnung, er könne mir ja nach St. Georg hinterherfahren.
Da kommt auch schon mein „Taxi“ in Richtung St. Georg, wieder rauf auf die Trage, rein in den Rettungswagen und los.

Ich werde allmählich müde, es ist inzwischen fast 8 Uhr Abends, ich bin sozusagen seit ungefähr 4 – 5 Stunden im Ausnahmezustand, mir tut alles weh und ich bin erstaunlicherweise furchtbar hungrig.
Die Fahrt im Rettungswagen ist ja noch ganz angenehm, aber in St. Georg angekommen beginnt die gesamte Untersuchung - und Aufnahmeprozedur von vorn.
Ich hätte die Liste meiner Verletzungen herbeten können und ein Arztbericht war bestimmt auch dabei, aber all mein Protestieren hilft nichts, bis zum Röntgen und Scannen meiner diversen Körperpartien wird alles wiederholt.
Leider sieht man auf den neuen MRT´s, dass zusätzlich der 10. und 12. Brustwirbel eine Deckplattenfraktur hat. Jetzt steht auf einmal sogar eine OP im Raum.
Die Krönung aber ist das erneute Endoskopieren meiner Luftröhre. Jetzt habe ich endgültig den Hals (Achtung, Wortspiel!) voll.
Um kurz vor neun liege ich dann endlich zwischen piepsenden Geräten in einem Intensivbett und hoffe auf einen erneuten Besuch von Jan und vor allem etwas zu essen.
Natürlich bin ich jetzt auf einmal hellwach, die Minuten schleichen dahin, ich kann mich nicht bewegen, habe nichts um mich abzulenken außer dem Blick auf andere bewusstlose Patienten.
Das Personal ist mit mir etwas überfordert. 
Man ist hier nicht auf Patienten eingerichtet die reden, Hunger haben und alleine auf die Toilette wollen.
Es gibt tatsächlich keine Patiententoilette!
Schließlich treibt eine mitleidige Schwester eine Mikrowellentomatensuppe, ein paar Scheiben ungetoastetes Toastbrot sowie einen Joghurt aus dem Schwesternzimmer auf und Jan darf trotz der vorgerückten Stunde kurz hereinschauen.


Viel besser!

Selfie am gleichen Abend. Das ist ungefähr der dritte Versuch so etwas wie ein Lächeln zustande zu bekommen. Dabei geht es mir dank einer ordentlichen Portion Morphium eigentlich ganz gut

Wie ich hier gelandet bin? Teil 1 findet ihr HIER!
Wie es weiter geht? Teil 3 findet ihr HIER!



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