Dienstag, 11. April 2017

Macht einen das Triathlontraining zu einem (noch) besseren Läufer?

Wie ich darauf komme?
Dieses Wochenende waren die Deutschen Halbmarathon Meisterschaften in Hannover. 

Da ich dieses Jahr mein gesamtes Training auf die Triathlonwettkämpfe ausrichte, habe ich bewusst keine wichtigen Laufwettkämpfe geplant. 

Im Gegenteil - da ich mich unbedingt im Schwimmen und Radfahren steigern möchte, habe ich schweren Herzens mein Lauftraingspensum reduziert. 

Also kein Frühjahrsmarathon, kein reines Lauftrainingslager, weniger GA1 Kilometer und um ca 4 - 6 Wochen verschobene Intensitätseinheiten. 

Dazu kamen 2 Unterbrechungen durch Infekte und ich war Anfang März auf dem Weg ins Trainingslager nach Lanzarote gefühlt so "unfit" wie noch nie zu dieser Jahreszeit. 

Das war soweit geplant und auch in Ordnung, liegt mein Saisonhöhepunkt dieses Jahr doch Ende Juni bzw. Mitte Juli - was soll ich da mit einer Topform Anfang April?

Allerdings kommt es erstens immer anders und zweitens als man denkt. 
Überraschenderweise haben wir in meinem Laufverein doch noch eine Altersklassenmannschaft für die Deutsche Meisterschaft zusammen bekommen und meine Läuferseele konnte einfach nicht widerstehen. 
Ein Halbmarathon benötigt natürlich nicht im entferntesten soviel Regenerationszeit wie ein Marathon, stört das Training also nicht für Wochen. 
Der Termin am 09. April passte auch, also warum nicht. 
Ok, Höchstleistungen habe ich nicht von mir erwartet, aber eine Mannschaft ist immer die Summe ihrer Teile und auf eine Einzelmedaille wie Bronze bei den Meisterschaften 2015 in Husum spekulierte ich bei diesem doch viel größerem Teilnehmerfeld ohnehin nicht.

Trotzdem, ein reiner Trainingslauf sollte es natürlich nicht werden, ein Kompromiss musste also her. 
Dazu gehörte ein deutlich anspruchsvolleres Lauftraining auf Lanzarote als eigentlich geplant.
Natürlich ohne das Radtraining zu "behindern". Für das Radtraining waren wir schließlich da!
Hier zahlte sich gefühlt jede Trainingsfahrt im Winter bei Regen, Kälte und Schnee auf dem Rad aus. 
So kam ich schon ziemlich gut vorbereitet an, konnte das Radtraining wie geplant (und sogar etwas darüber hinaus) durchziehen und hatte noch genug Kraft fürs Laufen.
Aber hart war es schon. 

Über die zwei Wochen zusätzlich zu den Radeinheiten (und ein bisschen Schwimmen) noch 200 Kilometer Laufen war kein Ponyhof. 
Im Gegenteil, nicht nur dass das Wetter tagelang ungeahnte (und ungewünschte) Höchstwerte im Temperatur - und Windbereich erreichte, nein es war auch nicht gerade idyllisch und schon gar nicht flach. 
Wer schon einmal 30 Kilometer mit knapp 600 Höhenmetern bei 28 Grad im Schatten (leider ohne Schatten) entlang diverser Schnellstraßen gelaufen ist, weiß was ich meine. 
Schön ist anders!
Die Intervalle liefen wir dann auf der Promenade, möglichst noch vor sieben Uhr wegen der Hitze (und den Engländern, den Hunden und sonstiger Hindernisse 😎 )
Aber selbst hier war es dermaßen wellig das auf 10 Kilometer fast 150 Höhenmeter kamen.

Das ich trotzdem die Pacevorgaben schaffte und sogar zum Teil toppte, überraschte mich schon - besonders in der zweiten Woche legte ich richtig zu, übernommen hatte ich mich also nicht.

Zurück in Hamburg erstmal eine Regenerationswoche, dann hatte ich im Grunde nur eine Woche um nochmal reinzuhauen um mich dann zumindest beim Laufen vor dem Wettkampf etwas zu Erholen. 

Mein Ziel für den Lauf war vor allem ein mentales. 
Ich wollte die geplante Pace möglichst lange konstant durchhalten. 
Klingt einfach, bereitet mir aber auch nach Jahren irgendwie immer wieder ungeahnte Schwierigkeiten.
Denn das bedeutet bei mir am Anfang BREMSEN und am Ende HALTEN!

Dabei kam mir die Pace, auf die mein Trainingsplan ausgerichtet war (der ja wiederum auf vergangenen Wettkämpfen und Leistungen beruhte), ohnehin schon sehr schnell vor. 
Aber immerhin absolvierte ich ja nebenbei auch noch ein paar klitzekleine zusätzliche Trainings auf dem Rad und im Wasser.

Nun gut, ich hatte getan was ich konnte (und wollte), der Rest lag dann in meiner Tagesform und den sonstigen Bedingungen . . .

Wie es dann im Einzelnen lief könnt ihr HIER  genauer nachlesen.

Im Endeffekt bin ich nicht nur Deutsche Vizemeisterin in meiner Altersklasse mit unserer Mannschaft geworden, sondern konnte mir auch persönlich die Silbermedaille sichern. Meine Bestleistung von 2015 habe ich um ganze 55 Sekunden unterboten! 
Das trotz des rudimentären Trainings und der großen Trainingsgesamtbelastung.

Und ich bin nicht die Einzige - eine andere Athletin aus meinem Verein, die sogar direkt aus dem Triathlontrainingslager kam, hat ebenfalls deutlich ihre Bestzeit geknackt. 
Ähnliches hörte ich auch vorher schon öfter.
Deshalb meine Frage vom Anfang - macht einen das Trathlontraining tatsächlich als Läufer schneller?
Ich würde sagen Ja - Nein - Vielleicht 😁

- Ja, das viele Radfahren unterstützt sicher nochmal den Fettstoffwechsel.
- Schwimmen lockert und regeneriert die durch das Laufen strapazierte Muskulatur. 
- Die Gewichtsreduktion, von der eben besonders das Laufen profitiert, fällt einfach leichter. 
- Das verstärkte Muskeltraining sorgt für mehr Körperstabilität und dadurch für eine bessere   Laufeffizienz und verringert die Überlastungserscheinungen. 

Aber macht einen das alles wirklich SCHNELLER? 

Dagegen spricht nämlich auch so einiges:

- So war mein Fettstoffwechsel durch mein durchschnittliches Pensum von 150 
   Laufkilometer die Woche und ganzjährigen langen Läufen schon immer ausgezeichnet.
- Die durch das Radfahren und Schwimmen "lauffremde" Muskulatur muss während des 
  Laufens "mitgeschleppt" und "ernährt" werden.
Durch die zusätzlich benötigte Regeneration nach anstrengenden Rad oder 
  Schwimmtrainings kann man nicht so viele intensive Laufeinheiten absolvieren wie 
   zumindest ich es gewohnt bin. 

Aber woher kommen dann die nicht nur bei mir häufigen neuen Bestleistungen im Laufen nach Aufnahme des zusätzlichen Triathlontrainings?

Für mich habe ich folgende Antwort gefunden:

Erstens habe ich zwar mein Training im Laufen reduziert, aber auch speziell auf einen Halbmarathon ausgerichtet. 
Meine vorherige Bestzeit bin ich im Rahmen einer Marathonvorbereitung gelaufen. Da lag der Fokus eben auf längeren, dafür aber zumeist etwas langsameren Einheiten. 

Zweitens überwiegen anscheinend doch eher die vorher erwähnten positiven Effekte die Nachteile durch das Triathlontraining. 

Drittens - und für mich am entscheidendsten war aber wohl der mentale Faktor. 
In meinem Kopf war es "nur" ein Lauf. 
Ich war für meine Verhältnisse recht entspannt, habe mich nicht unter Druck gesetzt.
Ich wusste ja selbst unterwegs nicht mal das ich auf Bestzeitenkurs war. 
Dieses Gefühl muss ich unbedingt irgendwie auch auf für mich wirklich wichtige Wettkämpfe übertragen, egal ob im Triathlon oder Laufwettkämpfen.
Insofern war mein Ziel bei diesem Wettkampf den Fokus hauptsächlich auf die "Kopfarbeit" zu richten in mehrfacher Hinsicht erfolgreich. 

Und Viertens - und das ist ein anscheinend nicht zu unterschätzender, aber wohl leider nicht planbarer Aspekt - ich hatte am Sonnstag einfach einen richtig guten Tag!



Deutsche Meisterschaften im Halbmarathon in Hannover


Trotz meiner Konzentration auf den Triathlon in diesem Jahr plane ich natürlich auch reine Laufwettkämpfe, hauptsächlich aus dem Training heraus als schnelle Tempoläufe. 


Aber der Halbmarathon in Hannover hat durch die gleichzeitig ausgetragenen Deutschen Meisterschaften doch einen besonderen Stellenwert. 

2015 sind wir mit unserer Mannschaft vom Hamburger Laufladen.eV in unserer Altersklasse in Husum Deutsche Meister geworden und ich hatte mir die Bronzemedaille gesichert. 
Das wollen wir natürlich gerne wiederholen!

Also stellte ich mein Training etwas um (Hier schildere ich es etwas genauer) und mache mich am Sonntag zusammen mit meinen beiden Vereins- und Mannschaftskameradinnen auf den Weg.

In Hannover angekommen bin ich überrascht über die Größe der Veranstaltung!

Das mag naiv sein, aber da zeitgleich der Hannover Marathon stattfindet und die Deutsche Meisterschaft 2015 in Husum quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Gewerbegebiet veranstaltet wurde, hatte ich mit den 8000 Teilnehmern, von denen alleine 1000 für die Meisterschaft gemeldet waren, nicht gerechnet. 

Wenn ich schon vorher auf keine Einzelmedaille spekuliert habe, schreibe ich angesichts dieser Konkurrenz, der Bruttowertung und der leider wieder fehlenden Kennzeichnung der Altersklassen auf den Startnummern diese Hoffnung endgültig in den Wind. 

Das stört mich aber überhaupt nicht, ich bin gleich viel entspannter und möchte einfach einen anständigen Lauf machen um möglichst eine gute Mannschaftwertung zu erreichen. 
Der Start ist recht spät nach 11 Uhr und das Wetter für meinen Geschmack für Höchstleistungen schon fast zu warm, aber herrlich zum Laufen. 

Dann also los, wir kommen ins Rollen und ich merke schon nach den ersten Kilometern das es ein guter Tag für mich ist. 
Ich muss mich in der Tat bremsen, ein gutes Zeichen, denn wenn man am Anfang von 21 Kilometern schon Mühe hat das Tempo zu halten, wird es erfahrungsgemäß nicht wirklich besser!
Also schön langsam, entspannt rollen lassen, überholen lassen, NICHT hinterherlaufen.
Ich fange an zu genießen. Die Strecke ist flach, dabei recht schön und das Publikum ist wirklich zahlreich und enthusiastisch. 
Besonders liebe ich die Trommeln, die können von mir aus an jeder Ecke stehen . . . 

Als im Vorbeilaufen ein Kind zu seiner Mutter sagt: "die sind aber ganz schön schnell" denke ich bei mir das ich "uns" auch wirklich ganz schön schnell finde. 
Die nächsten Kilometer sinniere ich darüber, wie unterschiedlich sich ein Tempo anfühlen kann. 
Natürlich gibt es die objektive Maßeinheit. 
Aber diese wird ja von jedem anders empfunden. 
Was für mich schon ein richtig schnelles Wettkampftempo bedeutet, ist für einen Profiläufer gerade mal GA1.
Dafür hält es eine untrainierte Frau meines Alters wahrscheinlich keine 400 Meter durch. Außerdem ändert es sich ja auch individuell bei mir jeden Tag (und leider sogar innerhalb von Minuten).
So empfand ich meine jetzige Pace noch Anfang der Woche über 2000 Meter als total anstrengend und jetzt laufe ich sie bereits seit 10 Kilometern fast schon mühelos. 

Ab Kilometer 12 ist dann leider allmählich Schluss mit lustig und ich muss erstmals darauf achten nicht langsamer zu werden. Das ist mir eigentlich zu früh, besser es flutscht so bis Kilometer 15, 16 oder später. 
Jetzt kommt dann auch der mentale Tiefpunkt, es ist noch relativ weit, die Beine werden schwerer, mir ist warm, ich habe keine Lust mehr, also eben so das übliche Mimimi.

Ich leide also ein bisschen vor mich hin, werde auch etwas langsamer aber irgendwie klappt das mal mit der Autosuggestion. 
Hey, es sind immerhin Meisterschaften, dir tut nichts wirklich weh, es gibt keinen wirklich triftigen Grund jetzt nachzulassen und du bist eindeutig nicht am Sterben.
Also reiß ich mich zusammen, rappel mich auf, such mir andere Läufer zum dranhängen, klatschte ein paar Kinder ab und zieh irgendwie wieder an. 
Ich fange an zu überholen, und irgendwann sind es dann auch überschaubare Restkilometer. 
Ich höre aber auf die Runden abzudrücken denn ich hatte Autolap nicht eingestellt und die Kilometerschilder fand ich entweder gar nicht oder sie divergieren völlig mit meiner Uhr. 
So war ich nicht sicher ob ich noch in meiner Zielpace liege, aber diese kam mir sowieso sehr hoch vor, vor allem in Bezug auf die Endzeit.
Diese sollte nämlich noch eine Minute langsamer als meine PB sein was mich doch sehr erstaunte. 
Ich konnte mich nämlich nicht mehr daran erinnern oder mir vorstellen das ich schon einmal so schnell auf einem Halbmarathon unterwegs gewesen war. 
Nachgeguckt hatte ich es nicht mehr, ich wollte mich ja nicht unter Druck setzten . . . 

So oder so, die letzten Kilometer kommen und gehen. 
Es ist anstrengend aber ok und jetzt überhole ich definitiv. 
Und zwar Meisterschaftsteilnehmer, erkennbar an den Startnummern hinten und nicht nur Staffelläufer und sonstige Teilnehmer die ich irgendwie nicht zuordnen kann.  

Als ich dann noch ein paar Frauen erreiche, will ich mir jetzt auch keine Blöße mehr geben und laufe eindeutig schneller auf den letzten Kilometern ins Ziel als ich eigentlich will und für nötig befinde. 
Die Uhr auf dem Zielbogen zeigt zu meiner Überraschung wirklich auf die Sekunde genau meine geplante Zielzeit an und das in Brutto. Nie hätte ich damit gerechnet!

Jetzt die Daumen drücken das auch meine beiden Mitstreiterinnen es bis ins Ziel schaffen.
Sabine kommt mit breitem Grinsen in persönlicher Bestzeit!
Jetzt fehlt nur noch eine, hier machen wir uns ein wenig Sorgen, ist sie doch aus Solidarität trotz Halsschmerzen und leichter Erkältung gestartet, aber auch sie kommt heil an. 

Nun heißt es auf die Ergebnisse warten. 
Als erstes kommen die Einzelzeiten.
Ich fass es nicht - ich habe tatsächlich den 2. Platz in meiner Altersklasse - bin also Deutsche Vizemeisterin im Halbmarathon!


Aber was ist mit der Mannschaft? 

Bei der Siegerehrung erfahren wir es dann - 
auch mit der Mannschaft hat es zu Silber gereicht, mit gerade mal 25 Sekunden Abstand zu den Dritten. 

Soviel zum Thema ich hätte am Schluss auch langsamer laufen können!



Äußerst gut gelaunt zuhause angekommen will ich aber doch mal nachgucken was ich denn genau bei meiner letzten Bestzeit 2015 gelaufen bin. 

Ich gucke einmal, ich gucke zweimal und kann es nicht glauben - ich habe meine Bestzeit immer um 2 Minuten "geschönt". 
Keine Ahnung wieso, mit Absicht auf gar keinen Fall. 
Das ist mir jetzt zwar ein bisschen peinlich, habe ich doch bei Nachfragen immer eine falsche Zeit angegeben aber andererseits erklärt sich jetzt natürlich warum mir die Pace so schnell vorkam - ich habe meine TATSÄCHLICHE Bestzeit mal eben so "Ausversehen" um 55 Sekunden verbessert!!

Mein genaues Ergebnis: Klick

Als zusätzliches Schmankerl bin ich auch Zweite im Gesamtergebnis von immerhin 257 Starterinnen alleine in meiner Altersklasse.
Ja, ja die Babyboomer 😒

Wie ich mir das trotz meines Triathlontrainings erkläre versuche ich HIER zu erklären.